Vor 20 Jahren hatte ich gemeinsam mit Frau Diplom-Biologin Renate Burda, Sauerlach, und mit dem Buchhalter Herrn Ernst Schrottenloher, damals München-Solln, einige schlaflose Nächte. Wir waren auf der Suche nach einem Namen für unsere Forschungsgruppe, die sich zum Einen der Überprüfung unserer Patentideen hinsichtlich der pharmazeutischen und medizinischen Verwendung der von mir erforschten biogenen Wirkstoffe widmen sollte und die andererseits den Aufbau sowie die Katalogisierung unserer Pflanzensammlungen unter einen Hut zu bringen hatte.
So geht es bei den Sammlungen neben der Erprobung effizienter Haltungsbedingungen verschiedenster Pflanzenarten auch um die Optimierung unserer Erhaltungszuchten. Über die zu benennende Forschungsgruppe sollten in Zukunft auch Geldgeber angesprochen werden können. Ein Großteil der Basisforschungen ist der Biotechnologie zuzuordnen, dies wollten wir in den Namen irgendwie einbauen. Nach einigen Tagen kam ich dann auf ABiTec, was für Angewandte BioTechnologie oder Applied BioTechnology stehen sollte. Den beiden Mitgründern gefiel dieses Buchstabenspiel und so wurde von uns Ende 1998/Anfang 1999 die ABiTec-Forschungsgruppe ins Leben gerufen.
In den letzten 20 Jahren wurde eine Vielzahl von biogenen Wirkstoffen auf ihre medizinischen und pharmazeutischen Einsatzmöglichkeiten hin überprüft und erste Patente wurden eingereicht und zum Teil auch schon erteilt. Derzeit versuchen wir, die ersten davon zu vermarkten. Desweiteren haben wir unsere Pflanzensammlungen durchstrukturiert und zum Teil, je nach Gattung und Familie, stark ausgebaut. Es wurde auch 2013/2014 von uns damit begonnen, erste Publikationen über unsere Pflanzen zu schreiben. Hier ist es uns nach wie vor wichtig, unsere Ergebnisse zur Diskussion zu stellen. Einige Beobachtungen wurden von mir und Frau Elisabeth Sand oder gemeinsam mit dem Geologen unserer Forschungsgruppe, Herrn Philip May, auch in der Zeitschrift ‘OrchideenZauber’ veröffentlicht.
Für andere Pflanzen haben wir eigene Journale gegründet, beispielsweise die ‘Xanthorrhoeaceae’ (für Aloen- und Grasbaumgewächse sowie deren Verwandte) und die ‘Anacampserotaceae’ (diese befasst sich mit den nächsten Verwandten der Kakteen). Mittlerweile arbeiten wir mehr und mehr am Aufbau eines etwas anderen Botanischen Gartens. Viele unserer Pflanzen befinden sich in Töpfen oder anderen Pflanzgefäßen und darin wollen wir sie auch präsentieren. Regelmäßig zeigen wir auch schon Teile der Sammlung und ich bekam bislang nur positive Kommentare. Und eben diesen von mir schon öfter gezeigten Teil wollen wir einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Natürlich liegt hier noch einige Arbeit vor uns, doch haben wir den Weg schon weit über die Hälfte zurückgelegt. Mit der Eröffnung dieser wissenschaftlichen Sammlung werden wir auch einen Teil der von uns selbst vermehrten Pflanzen dem Interessierten zum Kauf oder Tausch anbieten können. Auch, wenn ich alle Pflanzen „genial“ finde, sind es für viele Pflanzenbegeisterte, gleich ob von Berufswegen oder als Hobby, unsere Spezialsammlungen, die auf großes Interesse stoßen. Wir haben eine große Sammlung von Nachtschattengewächsen (Solanaceae), Sempervivum-Wildformen, Sedum-Wildformen, Dolden-blütlern (Apiaceae), Brennesselgewächsen (Urticaceae), Wurzelorchideen (Chiloschista u. a.), Aloen und vielen mehr.
Neben den Pflanzen selbst interessieren wir uns auch für die Lebensräume selbiger. In meinem Leben konnte ich auch schon viele extreme Lebensräume, wie Wüsten, Salzseen, alpine Gebiete, Moore, Mangrovensümpfe und andere selbst besuchen. Leider sind heute auch solche Biotope gefährdet und die in ihnen lebenden Arten vom Aussterben bedroht, teilweise sogar schon verschollen. Mit Frau Renate Burda, Frau Elisabeth Sand und dem Geologen Philip May beobachten wir seit 25 Jahren die Entwicklungen am Kirchsee-Moor und seit mehr als zehn Jahren die Entwicklungen an bestimmten Abschnitten der oberen Isar, was wir auch fotografisch festhalten. Ebenso haben wir darüber schon die eine und die andere Publikation verfasst. Allerdings geht es uns seit einigen Jahren darum, Pflanzenarten zu finden, die als Flagship-Bioindikatoren angesehen werden können. Aus meinen eigenen Beobachtungen heraus und in Absprache mit den Forschungsgruppenmitgliedern, aber auch mit Besuchern der jeweiligen Habitate, schlagen wir die folgenden Arten vor: Pinguicula alpina, Alpen-Fettkraut, für den Kirchsee und Saxifraga mutata, Kies-Steinbrech, für die Isar. Die Beobachtungen der Populationen dieser beiden Pflanzenarten sind eine der nachhaltigen Forschungsleistungen, die durch ABiTec erbracht werden.
Wurzelorchideen der Gattung Chiloschista - links: Chiloschista cf. lunifera; rechts: Chiloschista parishii.
Neben der Beobachtung in der Natur haben wir auch ex situ-Erhaltungszuchten von verschiedenen Arten, wobei wir die Ursprungspflanzen von Botanischen Gärten, Museen, Pflanzensammlern oder aus Samenaufsammlungen bekommen haben. Einen nicht geringen Teil haben wir auch von spezialisierten Gärtnereien erhalten. Wir testen hier verschiedenste Substrate und klimatische Bedingungen, um kräftige und langlebige Pflanzen zu erhalten. Ein Fernziel ist hierbei natürlich auch die Wiederansiedlung in der Natur beziehungsweise die Stärkung natürlicher Populationen.
Die Heil- und Giftwirkung vieler Pflanzen ist schon lange bekannt. Doch sind hinsichtlich ihrer Wirkungen und Inhaltsstoffe nur ein Bruchteil der etwa 390 000 bekannten Pflanzenarten erforscht. Ich fand in den letzten 35 Jahren verschiedene Pflanzengattungen und -arten, deren Inhaltsstoffe ein hohes Potenzial zur Therapie verschiedener Erkrankungen haben. Diese Erkenntnisse wollen wir innerhalb der ABiTec gemeinsam mit Kapitalgebern aufarbeiten, sodass unser Wissen in Zukunft von Pharmafirmen auch Erkrankten angeboten werden kann. Nicht zuletzt darüber möchten wir auf die Wichtigkeit der Pflanzen für die Erde und für uns Menschen hinweisen. Die Pflanzen können uns noch viel Neues in der Pharmazie und Medizin, aber auch für die Technik und für unsere Ernährung bieten. ABiTec wird hier auch seinen Beitrag dazu leisten.
Neben den beiden oben erwähnten Forschungsschwerpunkten, dem Naturschutz und der Arterhaltung sowie der Wirkstoffsuche für Pharmazie und Medizin, haben wir noch einen Dritten, der sich auf die Evolution der Pflanzen bezieht. Wir pflegen einige Arten wie Welwitschia mirabilis, Wollemia nobilis, Gingko biloba und andere, welche als lebende Fossilien bezeichnet werden. Und wir erforschen Reliktarten, die nach den Eiszeiten zurückblieben, beispielsweise die Felsenteller Ramonda, Haberlea und Jancaea.
Als Ergänzung zu den lebenden Pflanzen sind wir am Aufbau einer Fossiliensammlung, die wir zu Vergleichszwecken heranziehen können, ebenso wie unsere geologische Substratsammlung, die Hinweise auf frühere und aktuelle Bodenbeschaffenheiten gibt, in denen die jeweiligen Arten ihre Nische zum Überleben gefunden haben, beteiligt. ,
Rauenzell, September 2018